AI Act der EU: Was Möbel- und Küchenunternehmen jetzt wissen müssen
Ziele, Pflichten und aktueller Umsetzungsstand in Deutschland
Von der Innovation zur Regulierung
Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil des Arbeitsalltags in der Möbel- und Küchenbranche. Ob KI-gestützte Planungstools, Sprachassistenten im Kundenservice oder Prognosesysteme in der Lieferkette – was früher als Vision galt, ist heute Praxis. Doch mit der wachsenden Nutzung kommt die Regulierung: Am 1. August 2024 ist der europäische AI Act in Kraft getreten. Damit setzt die EU erstmals verbindliche Regeln für den Einsatz von KI-Systemen. Und die gelten auch für Unternehmen der Möbel- und Küchenbranche.
1. Was ist der AI Act?
Der AI Act (Verordnung (EU) 2024/1689) ist der weltweit erste umfassende Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz. Sein Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen, Risiken zu begrenzen und Innovation zu ermöglichen. Herzstück der Verordnung ist eine risikobasierte Einteilung von KI-Systemen in vier Kategorien. Unzulässige KI umfasst beispielsweise Anwendungen wie Social Scoring oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz, die als grundrechtswidrig eingestuft werden und daher verboten sind. Hochrisiko-KI betrifft sensiblere Anwendungsfelder wie Medizin, Bildung oder Personalwesen und unterliegt besonders strengen Auflagen. Bei Systemen mit begrenztem Risiko, etwa Chatbots oder generativer KI, stehen Transparenzpflichten im Vordergrund. Anwendungen mit minimalem Risiko wie einfache Filterfunktionen oder KI in Spielen bleiben dagegen weitgehend regulierungsfrei.
2. Zahlungspflicht nach Artikel 4
Ein besonders praxisnaher Aspekt des AI Act ist die Schulungspflicht, die seit dem 2. Februar 2025 gilt. Artikel 4 verpflichtet Unternehmen dazu, sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden, die mit KI-Systemen arbeiten, über ein angemessenes Maß an Kompetenz verfügen. Dabei soll nicht jedes Unternehmen das Rad neu erfinden müssen: Vielmehr geht es darum, vorhandene Kenntnisse, Erfahrungen und die konkreten Einsatzbereiche zu berücksichtigen. Die Schulungsinhalte müssen sich also am täglichen Umgang der Mitarbeitenden mit KI orientieren – technische, rechtliche und ethische Aspekte eingeschlossen. Entscheidend ist zudem die Nachvollziehbarkeit: Unternehmen müssen dokumentieren können, wie sie dieser Pflicht nachkommen, etwa durch interne Trainings, Zertifizierungen oder E-Learning-Angebote.
3. Die wichtigsten Fristen im Überblick
- 01.08.2024: Inkrafttreten des AI Act
- 02.02.2025: Verbotene Praktiken, Schulungspflicht, Transparenzpflichten gelten
- 02.08.2026: Hauptteil der Verordnung tritt in Kraft (u. a. für Hochrisiko-Systeme)
- 02.08.2027: Ergänzende Vorschriften zur Produktsicherheit und Zertifizierung
4. Deutschland: Umsetzung noch nicht abgeschlossen
Zwar gilt der AI Act als EU-Verordnung unmittelbar, doch müssen die Mitgliedstaaten nationale Strukturen zur Umsetzung schaffen. Deutschland hatte dazu bis zum 2. August 2025 Zeit, insbesondere zur Benennung einer zentralen Marktüberwachungsbehörde – diese Frist wurde nicht eingehalten. Inzwischen liegt jedoch ein Referentenentwurf für das sogenannte KI-Marktu00fcberwachungs- und Innovationsförderungsgesetz (KI-MIG) vor. Vorgesehen ist darin unter anderem die Einrichtung eines Koordinierungs- und Kompetenzzentrums für KI (KoKIVO) bei der Bundesnetzagentur (BNetzA). Dieses Zentrum soll die übergeordnete Rolle übernehmen, während sektorspezifische Fachaufsichtsbehörden wie die BaFin oder Datenschutzstellen weiterhin eigenständige Zuständigkeiten behalten. Bis zur finalen Gesetzesverabschiedung besteht allerdings ein sogenanntes Vollzugs-Vakuum – das heißt: Die Regeln gelten, können aber national noch nicht effektiv kontrolliert werden.
5. Was bedeutet das für die Möbel- und Küchenbranche?
Auch wenn viele Unternehmen der Möbel- und Küchenbranche keine Hochrisiko-KI einsetzen, ist der AI Act dennoch hochrelevant. Bereits die Schulungspflicht betrifft alle Betriebe, die KI in irgendeiner Form nutzen – sei es bei der Planung, in der Kundenberatung oder beim Einsatz von Sprachmodellen. Besonders im Umgang mit Kundendaten, bei automatisierten Empfehlungen oder im Reklamationsmanagement könnten auch Transparenz- und Dokumentationspflichten greifen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass mit der künftigen Marktaufsicht auch für zugekaufte oder integrierte KI-Systeme neue Bewertungs- und Nachweispflichten entstehen. Unternehmen tun gut daran, ihre Systeme, Prozesse und Teams frühzeitig auf Konformität zu prüfen.
Fazit: Nicht abwarten – handeln
Der AI Act ist kein Zukunftsthema mehr. Erste Pflichten gelten bereits. Deutschland holt bei der Umsetzung auf, doch Unternehmen sollten nicht auf nationale Leitlinien warten. Wer KI einsetzt, muss Verantwortung übernehmen – durch Schulungen, Dokumentation und klare Prozesse.
Weiterführende Hinweise
Wenn Sie prüfen möchten, welche Pflichten konkret auf Ihr Unternehmen zukommen, sprechen Sie uns an. Gemeinsam klären wir, wie Sie Ihre KI-Anwendungen rechtskonform gestalten – praxisnah, branchengerecht und zukunftssicher.